Am 11.11.2021 von 15:00 – 20:00 Uhr erwarten Sie spannende Vorträge zum Thema „Sicherheitsintegrierte Implantate für die Zukunft“. Sie werden z. B. erfahren, welche Werkstoffe optimal für Implantate geeignet sind und wie Hörimplantate die Hirnreifung ermöglichen. Im Anschluss erhalten Sie Einblicke in unsere verschiedenen Forschungslabore und erfahren weitere spannende News zu unserer Forschungsarbeit. Diesen virtuellen Rundgang können sie zeitlich und inhaltlich individuell gestalten. Sie werden hier auch die Möglichkeit haben, unseren Expert:innen Fragen zu stellen.
Damit auch Ihr Implantat ein Leben lang hält und von hoher Sicherheit geprägt ist, forschen wir im „Niedersächsischen Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung“ (NIFE) in interdisziplinären Teams an der Entwicklung neuer Implantate mit erhöhter Verträglichkeit und Funktionalität – von A wie Aorta bis Z wie Zahn, von der Zellebene bis hin zum ganzen Organ, unter Verwendung körpereigener und künstlicher Materialien. Sicherheitsrelevante Konzepte aus den Ingenieurwissenschaften, wie sie zum Beispiel in der Luftfahrt zur Erhöhung der Sicherheit zur Anwendung kommen, werden von den Wissenschafter:innen in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsverbund „Sicherheitsintegrierte und infektionsreaktive Implantate“ (SIIRI) erstmals für die Medizin erforscht, um auch Ihre Implantate sicherer zu machen.
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Frau Professorin Dr. Andrea Hoffmann erhielt am 20.10.2021 im Rahmen des AStA-Sommerfestes den zweiten Lehrpreis in der Kategorie „Biowissenschaften“. Dieser wurde ihr von der Studierendenschaft für ihr Modul „Adulte Stammzellen in der regenerativen Medizin“ zuerkennt. Diese Vorlesung wird für Studierende der Biochemie der MHH sowie für Bachelorstudierende der Biologie und Life Science von der LUH angeboten.
Zwölf Millionen Euro für neuen Sonderforschungsbereich/Transregio unter der Federführung der MHH in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover und weiteren Partnern
Großer Erfolg für die medizinische Forschung in Hannover: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert den neuen Sonderforschungsbereich Transregio TRR 298 zu Implantaten mit rund zwölf Millionen Euro in den nächsten vier Jahren. Unter der Federführung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) werden dabei Medizinerinnen und Mediziner der MHH gemeinsam mit Ingenieur- und Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Leibniz Universität Hannover (LUH) Implantate von morgen entwickeln. „Das zeigt einerseits, wie leistungsstark die medizinische Forschung an der MHH ist“, betont MHH-Präsident Professor Dr. Michael Manns, „anderseits haben wir damit erneut unter Beweis gestellt, wie erfolgreich sich die Kooperationen zwischen den Hochschulen und Forschungsinstituten unserer Metropolregion entwickeln. Unsere bereits enge Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover (LUH) wird somit auf noch festere Füße gestellt. Ich danke allen Beteiligten für ihr Engagement.“
Intelligente Implantate von morgen
In dem Forschungsverbund „Sicherheitsintegrierte und infektionsreaktive Implantate“ (SIIRI), der von Professorin Dr. Meike Stiesch, Direktorin der MHH-Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Biomedizinische Werkstoffkunde, geleitet wird, wird ein völlig neuer Weg der Implantat-Forschung eingeschlagen. „Erstmals wollen wir sicherheitsrelevante Konzepte aus den Ingenieurwissenschaften, wie sie zum Beispiel in der Luftfahrt zur Erhöhung der Sicherheit zur Anwendung kommen, für die Medizin erforschen“, erläutert Professorin Stiesch.
Forscherinnen und Forscher aus unterschiedlichsten Disziplinen wollen gemeinsam intelligente Implantatsysteme für die Zahnmedizin und Orthopädie sowie Hörimplantate entwickeln, die mit modernster Technologie erstmals ein kontinuierliches Monitoring der Implantatfunktion und damit eine Früherkennung von Komplikationen, wie etwa Infektionen, erlauben. So werde eine frühzeitige therapeutische Intervention zur Bekämpfung dieser zum Teil lebensbedrohlichen Infektionen möglich. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen in diesem Verbund aber noch weiter gehen: „Wir entwickeln intelligente Implantatsysteme, die über zellbasierte, chemische und physikalische sogenannte Closed-Loop-Systeme eigenständig eine frühzeitige Reparatur und damit Ausheilung einleiten können“, ergänzt die Professorin.
Enge Kooperation der unterschiedlichen Disziplinen
Das interdisziplinäre und innovative Konzept ist durch die enge Zusammenarbeit von Zahnmedizinern, Medizinern, Ingenieuren, Natur- und Sozialwissenschaftlern möglich geworden. Keimzelle für diese interdisziplinäre Forschung ist das NIFE (Niedersächsisches Zentrum für Implantat-Forschung und Entwicklung), das im Medical Park Hannover als ein international sichtbares Forschungsinstitut etabliert wurde, Spitzenergebnisse in der experimentellen Forschung erzielt und für verschiedene Organsysteme in die klinische Anwendung bringt.
In dem Transregio - SFB werden mehr als 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der MHH, der Leibniz Universität Hannover des Helmholtz Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig, der Technischen Universität Braunschweig sowie der Hochschule für Musik, Theater und Medien (HMTMH) gemeinsam an der Entwicklung neuer Implantate zur Erhöhung der Patientensicherheit forschen.
„Diese extrem herausfordernde Aufgabe kann nur gemeinsam zwischen den beteiligten Institutionen angegangen werden. Die ingenieurswissenschaftlichen und medizinischen Kompetenzen der Projektpartner ergänzen sich dafür optimal“, betont Co-Sprecher Professor Dr. Hans Jürgen Maier, Leiter des Instituts für Werkstoffkunde der Leibniz Universität. Von der Leibniz Universität sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen des Maschinenbaus, der Chemie und der Physik beteiligt, sie bringen unter anderem Expertise aus der Werkstoffkunde und der Sensortechnik mit.
Ein weiterer innovativer Ansatz in diesem Forschungsverbund ist zudem, dass nicht nur die Grenzflächen zwischen Technik und Biologie erforscht werden, sondern auch die Patientenperspektive von Anfang an in alle Forschungs- und Entwicklungsschritte einbezogen wird. Die Erforschung der Arzt-Patienten-Interaktion wird wesentlich zu einer weiteren Erhöhung der zukünftigen Implantat- und damit Patientensicherheit beitragen.
SERVICE:
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professorin Dr. Meike Stiesch, stiesch.meike@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-4773.
DFG-Schwerpunktprogramm fördert vier MHH-Projekte mit 1,6 Millionen Euro
Für Menschen mit schweren Lungenerkrankungen ist die Transplantation eines gesunden Organs oft die einzige Überlebenschance. Doch Spenderlungen sind Mangelware. Abhilfe könnte eine neue künstliche Lunge bringen. Seit 2017 unterstützt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) diesen wissenschaftlichen Ansatz mit ihrem Schwerpunktprogramm SPP 2014 „Towards an implantable Lung“ („Auf dem Weg zur implantierbaren Lunge“). Ziel ist die Entwicklung einer künstlichen Lunge, die als Alternative zu einem Spenderorgan dauerhaft eingesetzt werden soll. An dem bundesweiten Forschungsverbund ist auch die Medizinische Hochschule Hannover (MHH), das größte europäische Lungentransplantationszentrum, beteiligt. Jetzt fördert die DFG die Arbeit der hannoverschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für weitere drei Jahre mit mehr als 1,6 Millionen Euro.
ECMO-Unterstützung ist keine Dauerlösung
An der MHH wird an einer sogenannten Biohybrid-Lunge geforscht. Als Grundlage dient die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO), bei der das Blut durch Kunststoff-Hohlfasern geleitet wird, die als „künstliche Lungenbläschen“ für den Gasaustausch sorgen. Dieses Lungen-Unterstützungssystem wird bereits klinisch angewendet – etwa zur Sauerstoffversorgung schwer an COVID-19 erkrankter Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen. „Bislang können wir mit der ECMO aber nur für eine gewisse Zeit die Lungenfunktion überbrücken, weil das Blut beim Kontakt mit den künstlichen Oberflächen Gerinnsel bildet und die Röhrchen verstopft“, erklärt Dr. Bettina Wiegmann, die am Niedersächsischen Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung (NIFE) drei der vier MHH-Projekte leitet. Diese Thrombenbildung will die Wissenschaftlerin verhindern, indem sie die Oberflächen der Gasaustausch-Membranen, der Blutpumpe und der Schläuche mit speziellen, Gefäß auskleidenden Endothelzellen, besiedelt. „Diese nicht körpereigenen Endothelzellen sind zudem genetisch so verändert, dass sie für das Immunsystem des Patienten quasi unsichtbar sind und somit nicht als fremd erkannt und bekämpft werden“, erklärt die Herzchirurgin und Notfallmedizinerin.
Große Fläche bei möglichst kleinem Volumen
In einem nächsten Schritt muss nun geprüft werden, ob die Endothelzellen auf den künstlichen Oberflächen fest genug haften und der Reibungsbelastung durch den Blutstrom standhalten. Auch müssen die Membranen so weiterentwickelt werden, dass bei größtmöglicher Fläche für den Gasaustausch das Volumen des Kunstorgans dennoch möglichst klein und effektiv bleibt, so wie es auch bei der menschlichen Lunge der Fall ist. In der menschlichen Lunge sind etwa 100 bis 140 Quadratmeter Atemoberfläche platzsparend in 300 Millionen Lungenbläschen verpackt. Eine weitere Anforderung ist die Form des ECMO-Gerätes, die bei der Entwicklung der Biohybrid-Lunge verändert werden muss, damit sie optimal in den Körper implantiert werden kann. „Einen eckigen Kasten können wir nicht in den Brustkorb eines Patienten einsetzen“, erklärt die Wissenschaftlerin.
Doch nicht nur die Atmung, auch die Nierenfunktion hat die Wissenschaftlerin im Blick. Weil Patienten, die schwer lungenkrank sind und ein ECMO-Gerät benötigen, meist auch ein erhöhtes Risiko für ein akutes Nierenversagen haben, benötigen sie neben der Lungenersatztherapie auch eine maschinelle Dialyse. Bislang werden diese beiden Verfahren mit getrennten Geräten vorgenommen, was unter anderem das Risiko für Infektionen und Thrombosen erhöht. Die Wissenschaftlerin arbeitet daran, die Lungen- und Nierenunterstützung in einem einzigen Gerät zu kombinieren. „Dieser sogenannte Lungen-Nieren-Crosstalk ist ein weiterer Aspekt für die Entwicklung einer individualisierten implantierbaren Lunge“, betont Dr. Wiegmann.
Verschiedene Prototypen entwickeln
Sind alle noch bestehenden Probleme gelöst, sollen verschiedene Prototypen der Biohybrid-Lunge zunächst unter Laborbedingungen mit Hilfe künstlich erzeugter Blutkreisläufe untersucht werden. In einem nächsten Schritt werden sie dann zunächst als Atmungs-Akuthilfe und später als dauerhafte Lungenalternative im Tiermodell getestet. Bis die Kunstlungen in den menschlichen Körper transplantiert werden können, werden nach Ansicht der Forscherin aber noch einige Jahre vergehen.
Das DFG-Schwerpunktprogramm SPP 2014 fördert bundesweit insgesamt zehn Projekte. Die Federführung liegt bei der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) und der Universitätsklinik Aachen. Die MHH ist mit vier Projekten beteiligt. Drei Projekte leitet Dr. Bettina Wiegmann – eines davon in Kooperation mit Professorin Dr. Constanca Ferreira de Figueiredo vom Institut für Transfusionsmedizin und Transplantat Engineering. Ein viertes ist an den Leibniz Forschungslaboratorien für Biotechnologie und künstliche Organe (LEBAO) angesiedelt unter der Leitung von Dr. Ruth Olmer.
SERVICE:
Weitere Informationen erhalten Sie bei Dr. Bettina Wiegmann, wiegmann.bettina@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-1408.
Ein Team bestehend aus Studierenden der LUH und MHH, das ein Jahr lang im Bereich der synthetischen Biologie, Implantatforschung und Modellierung am Niedersächsischen Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung (NIFE) forschte, wurde mit ihrem Konzept für einen Biosensor beim diesjährigen iGEM Wettbewerb ausgezeichnet.
Im Rahmen des iGEM Wettbewerb stellen jedes Jahr etwa 250 internationale Studierendengruppen ihre Projekte aus dem Fachgebiet der synthetischen Biologie vor. 16 Studenten*innen aus der LUH und MHH unter der Anleitung von Prof. Dr. Heisterkamp und Dr. Kalies stellten bei den Wettbewerbstagen Mitte November ihr Projekt vor. Das Team wurde für ihr Sensorkonzept mit einer Goldmedaille ausgezeichnet und für einen Spezialpreis nominiert. Alle Teammitglieder nahmen das erste Mal an dem Wettbewerb teil.
Das Team hat am NIFE einen zellbasierten Sensor entwickelt, der inflammatorische Toxine detektieren soll. Ursprung dieser Toxine sind bakterielle Kolonien, die sich nach dem Einsetzen von medizinischen Implantaten auf der Implantatsoberfläche ansiedeln. Solche Toxine können schwerwiegende Krankheiten auslösen. Mit dem Sensor ermöglicht das Team eine nicht invasive Detektion der bakteriellen Kolonien und vergrößert so die Chance für einen Therapierfolg.
Außerdem machten sich die Studierenden umfangreich Gedanken zur Wissenschaftskommunikation und Systemmodellierung in der synthetischen Biologie. Als Resultat entstand ein Brettspiel für Schüler*innen, welches spielerisch die Grundlagen der Zellbiologie vermittelt. Weitere Studierende entwickelten ein numerisches Modell zur Simulation von bakteriellen Kolonien.
Das Projekt ist ausführlich auf der Website des Teams (https://2020.igem.org/Team:Hannover) dokumentiert. Erstmals wurde ein Projekt aus Hannover mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Zuvor nahmen 2014 und 2016 Studenten*innen der LUH aus Hannover an dem Wettbewerb teil.
Unten das iGEM Team aus Hannover 2020.
V.l.n.r Hintere Reihe: Thorben Klamt, Timm Landes, Jan Mairose, Lara Gentemann, David Theidel, George Dati, Jonas Scholz.
V.l.n.r vordere Reihe: Anna- Charleen Wessel, Lisan Püttmann, Louise Schaar, Pia Peppermüller, Sören Donath, Celine Beckhausen, Fiene Daniel, Stefan Kalies.
Nicht abbgebildet: Alexander Heisterkamp, Laura Wesche, Manmeet Singh.
Auf dem Programm stehen ein Vortrag über Arteriosklerose – von außen nach innen von Prof. Haverich sowie „ Forschung zum Anfassen“:
Lesen Sie den Bericht unter www.presse-club-hannover.de.Previous
Jede Hüfte zählt
Das zentrale Implantatregister soll die Sicherheit für Patienten erhöhen.
Es war ein Skandal: 2010 wurde der breiten Öffentlichkeit bekannt, dass der französische Herstellers Poly Implant über Jahre hinweg minderwertige Brustimplantate produziert hatte. In der Folge mussten sich Hunderte Frauen die silikonhaltigen, oft schadhaften Präparate wieder explantieren lassen.
Poly Implant zeigte Lücken im Kontrollsystem von Medizinprodukten auf, die erst allmählich geschlossen werden. Noch Ende 2018 entdeckte ein Journalisten-Netzwerk die „Implant Files“: Lücken in der Zulassung von Implantaten, ohne die moderne Hochleistungsmedizin nicht denkbar ist. Herschrittmacher, Gefäßprothesen, Stents, Cochlea- und Retinaimplante: Es gibt kaum einen Bereich, in dem nicht Medizinprodukte die Körperfunktionen unterstützen oder ersetzen können.
„Der Gesetzgeber hat auf die Missstände inzwischen reagiert“, sagt Prof. Henning Windhagen, Direktor der Orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im DIAKOVERE Annastift. Er verweist auf das auf EU-Ebene deutlich verschärfte Zulassungsverfahren für Medizinprodukte. Ein weiterer Fortschritt sind die aktuell 16, von medizinischen Fachgesellschaften geführten freiwilligen Implantatregister für Herzschrittmacher und andere Implantate mehr. „Produkte können Jahrzehnte im Körper des Patienten verbleiben. Ohne Register sind Langzeitfolgen kaum zu erkennen“, so Windhagen.
Leuchtendes Beispiel ist das 2012 eingerichtete Endoprothesenregister Deutschland (EPRD). Nach Angaben Windhagens melden inzwischen knapp 716 von 1.200 deutschen Kliniken, die jährlich rund 450.000 Endoprothesen, also künstliche Hüft- und Kniegelenke einsetzen, die Daten der Patienten – so diese zustimmen. „Das sind immerhin 66,7 % der eingesetzten Implantaten, die auf diese Weise erfasst werden“, so Windhagen.
Wie wichtig die Datensammlung ist, zeigen die jährlich mehr als 45.000 endoprothetischen Operationen, in denen nach Angaben des EPRD alte gegen neue Implantate getauscht werden, ohne dass dafür die wirklichen Gründe bekannt wären. Ein weiteres Beispiel sind Tausende, bis etwa 2010 verwendete Hüftprothesen, bei denen Kugel und Gelenk gleichermaßen aus extrem harten Kobaltchrom gefertigt wurden. „Mit dem Register hätten die Ärzte die Problematik dieser Konstruktion deutlich früher erkennen können“, ist sich Windhagen sicher.
Sein Rat an die Patienten: Operationen nur in Kliniken vornehmen lassen, die ans EPRD melden und überdies zum Netzwerk deutsche Endoprothetikzentren (EPZ) zählen. Denn die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmengen reichen aus Sicht von Experten wie Windhagen nicht aus, abgesehen davon, dass sie von Krankenhäusern gerne auch einmal missachtet werden, wie das „Ärzteblatt“ im Juni 2019 berichtete.
„Ein einzelner Operateur sollte, so wie in den EPZ vorgegeben, auf mindestens 50 Eingriffe im Jahr kommen, bei komplizierten Eingriffen, zum Beispiel durch angeborene Fehlstellungen, auf mindestens 100 Operationen“, so Windhagen. Ein weiterer Vorteil der EPZ sei das Co-Pilotenkonzept. „Ein Facharzt muss zwei Jahre einem erfahrenen Operateur assistieren, bevor er selbst einen Eingriff leiten kann“, erklärt Windhagen.
Um die verbleibenden Lücken bei der Erfassung von Implantaten zu schließen, soll 2020 der Aufbau eines zentralen Registers mit Sitz in Köln starten. Es wird die bisherigen freiwilligen Register zusammenführen, weitere Implantatgruppen erfassen und eine Meldepflicht einführen: Kliniken müssen dann jeden „Einbau“ eines Implantats melden und Patienten der Datenübermittlung zustimmen. „Das ist letztlich im Sinne der Patienten“, wirbt Windhagen.
HAZ/NP Sicherheitswochen 07.11.2019
Dr. Manfred Elff wurde erneut auf der BVMed Mitgliederversammlung in Berlin für weitere 2 Jahre in den BVMed Vorstand gewählt.
Der BVMed vertritt als Wirtschaftsverband über 230 Industrie- und Handelsunternehmen der Medizintechnologiebranche. Im BVMed sind unter anderem die 20 weltweit größten Medizinproduktehersteller im Verbrauchsgüterbereich organisiert. Der BVMed vertritt u. a. die Bereiche Medizintechnik, Implantate, Hilfsmittel, Homecare und Verbandmittel sowie Bio- und Nanotechnologien.
Am 8. März 2018 organisiert das Institut für Mehrphasenprozesse im NIFE die letzte Veranstaltung der Wintersemesterreihe HannoVersity unter dem Titel
"Biomedical Engineering - What is that?"
Mit der neuen HannoVersity-Veranstaltungsreihe lädt die Initiative Wissenschaft deutsche und internationale Studierende ein, "über den Tellerrand der Hochschule zu schauen".
Ziel der Reihe ist es, an unterschiedlichen Orten in der Stadt und an den Hochschulen, in lockerer Atmosphäre Einblicke in andere Forschungsdisziplinen zu bekommen und internationale Kontakte und Netzwerke über das eigene Hochschulleben hinaus auf- und auszubauen.
Eine vorherige Anmeldung zur Veranstaltung ist obligatorisch und bis zum 28. Februar verfügbar unter: rittinghaus@imp.uni-hannover.de
Weitere Informationen zu HannoVersity und der Initiative Wissenschaft, sowie zum Programm des Wintersemestersfinden Sie hier.
Bypässe aus menschlichen Zellen könnten künftig eine Alternative zu synthetischem Material werden
Es ist eine Vision, die ganz neue Möglichkeiten in der Behandlung von Durchblutungsstörungen eröffnen kann: biologisch kompatible Bypässe aus eigenen Zellen des Patienten. Die in einem Bioreaktor gezüchteten Bypässe aus Blut- und Gewebezellen werden voraussichtlich eine deutlich besser verträgliche Alternative zu herkömmlichen Bypässen aus synthetischem Material sein.
Ein interdisziplinäres Forscherteam der Leibniz Universität arbeitet im NIFE (Niedersächsisches Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung) daran und hat den Technikpreis 2017 des VDI bekommen.
Durchblutungsstörungen in den Arterien können im schlimmsten Fall zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. In diesen Fällen müssen dringend Bypässe eingesetzt werden. Bei Gefäßprothesen aus synthetischem Material wie Goretex muss die Blutgerinnung dann dauerhaft durch Medikamente herabgesetzt werden, weil sonst die Gefahr besteht, dass sich der Bypass aufgrund der Materialstruktur zusetzt und es erneut einen Gefäßverschluss gibt.
Die gerinnungshemmenden Medikamente sind in der Anwendung nicht ganz einfach und können Komplikationen auslösen. Synthetische Bypässe können sich außerdem infizieren. Venöses Eigenmaterial, das man Patienten an anderer Stelle aus dem Körper entnehmen und nutzen kann, steht oft nicht in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung. Daher besteht großer Bedarf an artifiziellen Gefäßprothesen.
An Bypässen aus tierischem Material wird schon länger geforscht – allerdings gibt es neben ethischen Bedenken bislang Probleme mit Abstoßungs- und Ablagerungsprozessen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Leibniz Universität gehen einen anderen Weg. Sie wollen auf einer röhrenförmigen Gerüststruktur aus synthetischem Material – einem so genannten Scaffold – Zellen des Patienten ansiedeln. In einem Kultivierungsprozess im Bioreaktor entwickelt sich daraus ein Bypass, der dann implantiert werden kann. Der Scaffold wird später abgebaut, so dass die Gefäßprothese nur noch aus körpereigenem Material besteht.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für Technische Chemie und vom Institut für Mikroelektronische Systeme haben gemeinsam die Technologie für die Kultivierung entwickelt. „Im Bioreaktor müssen Umstände herrschen, die den Bedingungen im menschlichen Körper nachempfunden sind“, erläutert Prof. Dr. med. Cornelia Blume vom Institut für Technische Chemie.
Herzschlag und Blutdruck werden simuliert, damit in zwei bis drei Wochen ein Bypass entstehen kann. „Der weitere Reifungsprozess findet nach der Implantation im Körper statt. Der beste Bioreaktor ist der Mensch“, ergänzt sie. Die sensible Regelungs- und Sensortechnik sowie die Überwachung per Ultraschall – der Bioreaktor darf während des Prozesses so gut wie gar nicht eöffnet werden – haben Prof. Dr.-Ing. Holger Blume und sein Team vom Institut für Mikroelektronische Systeme entwickelt.
In dem Projekt, das von der DFG gefördert wird, arbeiten die Forscher eng mit der Medizinischen Hochschule Hannover sowie mit weiteren Partnern zusammen. Die Anwendbarkeit scheint gar nicht so fern: „Wir hoffen, dass wir in etwa drei Jahren so weit sind, die Bypässe in Versuchen mit Schafen zu testen“, sagt Prof. Cornelia Blume. Daran schließt sich die klinische Phase mit dem Genehmigungsverfahren am Menschen an.
Hinweis an die Redaktion:
Für weitere Informationen steht Ihnen Prof. Dr. med. Cornelia Blume vom Institut für Technische Chemie per Telefon (+49 177 86 69 328) oder E-Mail gerne zur Verfügung.
Mechtild Freiin v. Münchhausen | idw - Informationsdienst Wissenschaft
Weitere Informationen:
http://www.uni-hannover.de
Neu eröffnet: Das Niedersächsische Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und -entwicklung (NIFE) ist ein gemeinsames biomedizintechnisches Großprojekt der drei hannoverschen Universitäten, das im neuen Gebäude Forschern und Entwicklern aus allen wissenschaftlichen Bereichen eine bestens ausgestattete Laborlandschaft bietet: Darin sollen die Implantate von morgen entwickelt werden.
Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Johanna Wanka, hat bei der Eröffnung des NIFE am Donnerstag, 26. Mai 2016, die herausragende Expertise des Standortes Hannover hervorgehoben. „Das Niedersächsische Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung, kurz NIFE, steht beispielhaft für die hohe Innovationskraft der Biomedizintechnik-Forschung in Deutschland. Mit dem Fokus auf medizintechnische Innovationen an der Schnittstelle zwischen Medizin, Biologie und Ingenieurwissenschaften wird es tatkräftig zur Verbesserung der medizinischen Versorgung beitragen“, sagte sie. „Das NIFE ist bundesweit einmalig.“
Der Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil betonte die internationale Bedeutung der Landeshauptstadt Hannover als einen der führenden Standorte biomedizinischer Forschung und Entwicklung. Mit dem Biomedizintechnik-Zentrum folge die Landesregierung der forschungspolitischen Agenda von 2015, in Niedersachsen die großen Herausforderungen in den Mittelpunkt der Förderung zu stellen, um die Forschungsstärken in Zukunftsfeldern auszubauen. Er erwarte, dass das NIFE in Zukunft als ein nationaler wie internationaler Leuchtturm der Biomedizintechnik und Implantatforschung wahrgenommen werde.
Dem Zentrum möge die Verzahnung von Grundlagenforschung und potenzieller klinischer Anwendung bestmöglich gelingen, sagte Weil. Damit werde auch eine verbesserte klinische Versorgung möglich. Das Land unterstütze damit die gesamte Forschung von der Entwicklung neuer Implantate bis zu deren klinischer Anwendung. Weil hob die Unternehmenskooperationen mit dem NIFE hervor, die dem Standort auch in wirtschaftlicher Hinsicht weitere Impulse verleihen würden.
Rund 60 Millionen Euro haben Bau und Erstausstattung des neuen Forschungszentrums gekostet, davon tragen 53,8 Millionen Euro je zur Hälfte das Land Niedersachen und der Bund, weitere 6,5 Millionen Euro finanziert die Braukmann-Wittenberg-Stiftung für den kardiovaskulären Bereich. Der Neubau befindet sich im Medical Park am Stadtfelddamm unweit der MHH. Auf einer Laborfläche von 7.000 Quadratmetern werden etwa 280 Forscherinnen und Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Leibniz Universität Hannover und der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover innovative Implantate und Strategien im Kampf gegen Implantat-assoziierte Infektionen entwickeln.
"Hier in Hannover wurde ein Implantat-Forschungszentrum geschaffen, das in Größe und Fokussierung einzigartig ist und damit weit über Hannovers oder Niedersachsens Grenzen hinausstrahlen wird. Dabei garantieren die beteiligten Wissenschaftler durch ihre nachgewiesene Forschungsexzellenz, zum Beispiel in den Exzellenzclustern REBIRTH und Hearing4all, dass für Industriekooperationen und noch wichtiger, in der Folge auch bei der Patientenbehandlung, neue Wege der Implantat-Technologie erschlossen werden können“, betonte der NIFE-Vorstandssprecher Dr. Manfred Elff.
Für die Landeshauptstadt Hannover stellte Bürgermeister Thomas Hermann die enge Kooperation von gleich drei hannoverschen Universitäten heraus. „Hannover hat in vielen wissenschaftlichen Bereichen und insbesondere auch in der Biomedizin Spitzenleistungen zu bieten, die jetzt in einzigartiger Weise zusammengeführt werden. Mit dem neuen Zentrum NIFE im Medical Park bekommt der Wissenschafts- und Medizinstandort Hannover nicht zuletzt dank der Förderung von Bund und Land ein neues Glanzlicht."
Die Verbundpartner bündeln in dem Neubau ihre Forschungskompetenzen. Die MHH bringt ihre Forschungsschwerpunkte in den Bereichen Biomedizintechnik, Regenerative Medizin und Immunologie/Infektiologie ein. MHH-Präsident Professor Dr. Christopher Baum hebt die große Bedeutung der Interdisziplinarität hervor: „Die MHH steht für Qualität und Innovation. Die Implantatforschung erfordert besonders umfangreiche interdisziplinäre Kooperationen. Daher schafft die Einbindung des NIFE in unseren Campus hervorragende Bedingungen für exzellente Wissenschaft zum Wohle der Patientinnen und Patienten.“
Die Leibniz Universität Hannover steuert ihr Fachwissen in den Bereichen Ingenieur- und Materialwissenschaften bei. Professor Dr. Volker Epping, Präsident der Leibniz Universität Hannover, lobt die hervorragende Kooperation der Hochschulen am Standort Hannover: „Der Biomedizintechnik wird der Status einer Schlüsseltechnologie zugeordnet, die aufgrund des stetig wachsenden Marktes einen steigenden Bedarf an analytischen, diagnostischen, fertigenden und verfahrenstechnischen Instrumenten aufweist.
Um den Anforderungen dieses zukunftsträchtigen Marktes gewachsen zu sein, ist eine kooperative, die Fachbereiche übergreifende Zusammenarbeit zur Lösung der interdisziplinär verknüpften Aufgaben unumgänglich. Insbesondere der an der Leibniz Universität angesiedelte Maschinenbau und Teile der Naturwissenschaften bringen aus diesen Bereichen notwendigen Kompetenzen in den Verbund ein."
Hinzu kommen die biologischen Prüfmodelle der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. „In der Zellkultur und mit Tiermodellen prüfen unsere Wissenschaftler neue Verfahren. Die Entwicklungen in der Humanmedizin kommen langfristig häufig auch den Patienten in der Tiermedizin zugute. Gerade innovative Implantate können die Behandlungsoptionen unserer Patienten verbessern“, ergänzt Dr. Gerhard Greif, Präsident der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover.
Während der Eröffnungsveranstaltung wurden die Professoren Dieter Bitter-Suermann und Herbert Welling mit Ehrendoktorwürden ausgezeichnet. Der frühere MHH-Präsident Professor Dr. Bitter-Suermann erhielt den Ehrendoktor der Leibniz Universität Hannover für seine Verdienste im Brückenschlag zwischen Naturwissenschaften und Medizin. Er gilt mit dem damaligen Präsidenten der Leibniz Universität, Professor Dr. Erich Barke, als einer der Gründungsväter des NIFE, die vor acht Jahren das Projekt des gemeinsamen Forschungszentrums gestartet hatten.
Professor Dr. Herbert Welling erhielt die Ehrendoktorwürde der MHH. Der Physiker hatte im Jahr 1970 die Laser-Forschung an der Universität Hannover etabliert und 1986 das Laser Zentrum Hannover mit gegründet.
Quelle: Presse und Öffentlichkeitsarbeit MHH, Fotos: Kaiser
Wirtschaftsminister Lies und Wissenschaftsministerin Heinen-Kljajić haben den Preis des Innovationsnetzwerks Niedersachsen vergeben.
Den 1. Platz hat die Kooperation aus Ordermed GmbH (Buchholz in der Nordheide), BioRegioN (Hannover), Medizinischen Hochschule Hannover und dem Niedersächsischen Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung (NIFE) erhalten, für die Entwicklung des elektronischen Implantatausweises ImplantCard.
Anfang Mai 2016 wird an der MHH ein Pilotprojekt zur Anwendung dieses Ausweises beginnen.
Copyright: Foto: WWW.SCHEFFEN.DE
Chemieprofessor an der Leibniz Universität Hannover wird für interdisziplinäre Lehre und Forschung ausgezeichnet
Professor Thomas Scheper aus dem Institut für Technische Chemie der Leibniz Universität Hannover ist am Mittwoch, 15. Oktober 2014, mit dem Wissenschaftspreis Niedersachsen 2014 ausgezeichnet worden. Mit der Auszeichnung wird Scheper für sein Engagement im Bereich der interdisziplinären Forschung im Bereich Tissue Engineering und Biomedizin sowie für seine Beiträge zur Internationalisierung von Lehre und Studium gewürdigt. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.
Schepers Forschungsarbeiten im Bereich des Tissue Engineering und in der Biomedizintechnik führten mit zur Bewilligung des vom Land Niedersachsen geförderten Projekts „Biofabrication for NIFE (Niedersächsisches Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung)“. In diesem Projekt werden Kompetenzen verschiedener Institute hannoverscher Hochschulen (MHH, HMTMH und Leibniz Universität Hannover) im Bereich Medizin, Natur- und Ingenieurwissenschaften gebündelt. Besonders wichtig ist hierbei der Bereich der partizipativen Forschung: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen sowohl Wirkung als auch Akzeptanz der eigenen Arbeit auf die Bevölkerung erforschen. „Es geht darum, nicht nur interdisziplinär Forschung zu betreiben, sondern auch frühzeitig die Ängste oder Wünsche der potenziellen Nutznießer zu beachten und darauf einzugehen“, sagt der Chemiker, der seit 1995 an der Leibniz Universität lehrt.
Im Bereich Lehre hat Prof. Thomas Scheper den ersten konsekutiven Bachelor- und Masterstudiengang „Life Science – Cells and Molecules“ in Niedersachsen gestaltet. Mit der Initiierung des Studierendenaustauschs zwischen der Leibniz Universität Hannover und dem Technion in Haifa/Israel trägt Scheper maßgeblich zur Internationalisierung in der Lehre bei. Mittlerweile ist dieses Austauschprogramm etabliert und auf weitere niedersächsische Hochschulen ausgedehnt worden. Ziel ist es, jährlich zehn bis zwölf Studierende nach Israel zu vermitteln. Einen Großteil seines Preisgeldes möchte der Professor für dieses Projekt spenden.
Der Wissenschaftspreis Niedersachsen wird an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einer niedersächsischen Universität oder Hochschule vergeben. Ausgezeichnet werden Personen, die bereits seit einer gewissen Zeit eine Professur innehaben und besondere Leistung in beispielsweise hochschulübergreifenden Forschungsschwerpunkten, Kooperationen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Entwicklungen in Lehre und Studium o.ä. erbracht haben.
Quelle: (Leibniz Universität Hannover, Mechthild Freiin von Münchhausen)
Um medizinische Ideen und wissenschaftliche Erkenntnisse besser in die Praxis der Patientenversorgung umzusetzen, müssen Ärzte und Wissenschaftler frühzeitig die Themen Patentanmeldung, Zulassung, klinische Studien und Überführung in die Erstattungssysteme berücksichtigen. Das machten die Experten der BVMed-Sonderveranstaltung "Translation: Wissenschaft und Ökonomie – ein Widerspruch?" am 27. Mai 2014 im Medical Park in Hannover deutlich.
Eine Herausforderung sei es, die Forschung stärker am Bedarf in der Patientenversorgung auszurichten. Forscher müssten dabei ihre Ergebnisse nicht nur publizieren, sondern auch patentieren. Und sie müssten ökonomischen Sachverstand frühzeitig einbeziehen. Ein wichtiger Aspekt der erfolgreichen "Translation" ist das Vermitteln von Wissen über regulatorische Anforderungen und klinische Studien. Zum Beginn eines Translationsprozesses müsse die präzise Zielsetzung und Planung des Prozesses stehen, so die Experten. Weitere Erfolgsfaktoren sind eine Strategie zur Kostenerstattung, eine professionelle Studienplanung, um Evidenz zu generieren, und eine Strategie hinsichtlich Marktzugang, Vermarktung und Vertriebswegen. Wichtig sei auch, frühzeitig Schlüsselkunden in der Ärzteschaft zu gewinnen, die das Produkt unterstützen, sowie Vergleichstherapien zu identifizieren, um den Nutzen der Innovationen nachzuweisen.
Ingelore Hering vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium betonte die Bedeutung der Medizintechnik für das Land Niedersachsen. Man sei insbesondere in der Material-, Laser- und Implantate-Forschung sehr gut aufgestellt. Die Herausforderung sei, die Forschung stärker am Bedarf auszurichten und die Forschungsergebnisse dann in erfolgreiche Unternehmensgründungen umzusetzen. Zu den Erfolgsfaktoren gehören Kooperationsplattformen im klinischen Bereich und der Aufbau von Technologiezentren im Umfeld von wissenschaftlichen Einrichtungen. Ziel des Medical Parks in Hannover, in dem die Konferenz stattfand, sei es, Wissenschaft und Unternehmen "Tür an Tür" zu bringen, um sich gegenseitig zu befruchten, so Hering. Sie schlug zudem vor, den nationalen Strategieprozess Medizintechnik auf die Ebene der Bundesländer herunterzubrechen.
Dr. Manfred W. Elff stellte das Niedersächsische Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung (NIFE) in Hannover vor. Elff ist Vorstandsvorsitzender des Zentrums und zudem BVMed-Vorstandsmitglied und Geschäftsführer von Biotronik in Berlin, einem Hersteller von Herzschrittmachern. Das Zentrum wurde im November 2008 als gemeinsame wissenschaftliche Einrichtung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Leibnizuniversität, der Tierärztlichen Hochschule und des Laser Zentrums Hannover gegründet, um die Kompetenzen der Implantatforschung an einem Standort zu bündeln. Im Umfeld der MHH entstehen zahlreiche Einrichtungen, um Forschung und Industrie nebeneinander anzusiedeln.
Thom Rasche, Partner bei Earlybird Venture Capital, führte in Finanzierungsaspekte ein. Venture Capital sind Eigenkapitalmittel, die von öffentlichen und privaten Geldgebern gestellt werden, um in gute Ideen zu investieren. Venture Capital ist damit ein "Saatgut-Finanzierer" für junge Unternehmensgründungen. Die Fonds sind in der Regel auf zehn Jahre beschränkt. Wichtig ist die Beurteilung, ob die Idee vermarktbar ist und die Ideengeber die Managementqualitäten haben, um sie kommerziell umzusetzen. Das "erste Geld" zur Unternehmensgründung ist in Deutschland ausreichend vorhanden, beispielsweise durch den High-Tech-Gründerfonds. Probleme gibt es bei der zweiten Finanzierungsphase von 15 bis 20 Millionen Euro, um die Innovation in die Praxis zu bringen. An die deutsche klinische Forschung appellierte Rasche, nicht nur an Publikationen, sondern auch an Patentanmeldungen zu denken. "Die Forschung sollte enger auch mit ökonomischem Sachverstand verzahnt werden. Kaufleute müssen früh dabei sein, um gute Forschungsergebnisse marktfähig zu machen", so Rasche.
Die Kultur zwischen Ärzten und Industrie müsse in Deutschland weiter entwickelt und verbessert werden, forderte Prof. Dr. Axel Haverich, Ärztlicher Direktor der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Ärzte dürften ebenso wenig Berührungsängste haben wie Forscher. Dies sei ein langwieriger Entwicklungsprozess. Beispiel Forscher: Sie müssten nicht nur publizieren, sondern auch patentieren. Als Beispiel für Innovationen aus der klinischen Praxis, die mit Hilfe der Industrie umgesetzt werden, nannte Haverich das Thema "Tissue Engineering". Es handelt sich dabei um Gewebezüchtung durch autologe Zellen auf einer Matrix. In Hannover werden beispielsweise mitwachsende Herzklappen entwickelt. Sie basieren auf körpereigenen Zellen und gehören damit zur individualisierten Medizin. "Auf diese Innovationen sind die regulatorischen Anforderungen in Deutschland aber nicht eingestellt", so Haverich. Haverich plädierte für neue Kooperationsformate, um Forscher, Kliniker, Industrie und Regulierer an einen Tisch zu bringen – mit dem gemeinsamen Ziel, "Innovationen auf die Straße zu bringen".
Die Translationsallianz "TRAIN" in Niedersachsen stellte der Forscher Prof. Dr. Ulrich Kalinke vor. Er ist Geschäftsführender Direktor des TWINCORE Zentrums für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover. Ziel des regionalen Kompetenznetzwerkes ist es, gute Ideen aus der Grundlagenforschung zu identifizieren und zu entwickeln. "TWINCORE schlägt die Brücke zwischen der Grundlagenforschung und der klinischen Anwendung", so Kalinke. Bevor das Knowhow gebündelt werden könne, bedürfe es aber einer guten Infrastruktur, beispielsweise über den Bau von Innovationszentren. Zu den Netzwerken gehören das "Clinical Research Center" (CRC) oder das Biomolekulare Wirkstoffzentrum (BMWZ). "Hier entwickeln sich enorme Möglichkeiten", so der Forscher optimistisch. Ein wichtiger Aspekt der erfolgreichen Translation ist das Vermitteln von Wissen über regulatorische Anforderungen und klinische Studien.
Das Konzept des Clinical Research Center Hannover (CRC) als Teil des TRAIN-Verbundes stellte Prof. Dr. Norbert Krug vor. Er ist Ärztlicher Direktor am Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin. Das CRC soll ein "professionelles Testzentrum" für klinische Studien in der frühen Phase sein, um Forschungsergebnisse in die klinische Praxis zu überführen. Wichtig sei es, dass sich die Probanden im Zentrum wohl fühlen und gut behandelt werden, damit sie die Teilnahme an der Studie über einen Zeitraum von vier Wochen erfolgreich gestalten können. Das Zentrum verfügt dafür auch über eine Übernachtungsstation für Verwandte im Hotelstil. Im CRC können zudem zahlreiche medizintechnische Spezialuntersuchungen durchgeführt werden. Zur "synergistischen Nutzung der Infrastruktur" im CSC gehören Ambulanzen, Forschungsstationen, Biobank, Labore und Imaging, um künftig auch Zulassungsstudien durchführen zu können. Es soll zudem ein Veranstaltungszentrum und Treffpunkt für Wissenschaftler sein, so Krug.
Wie können Forschungsergebnisse besser umgesetzt werden? Unterstützung beim Technologietransfer leistet Dr. Christian A. Stein, Geschäftsführer von Ascenion in München. Ein wichtiger Aspekt: die Patentierung der Idee. Stein empfahl, früh mit Experten zu sprechen und die Idee nicht auf Kongressen vorzuveröffentlichen. "Nach der Veröffentlichung ist ein Patentschutz nicht mehr möglich", so der Experte. Ein Technologietransferbüro helfe dem Forscher oder dem Arzt beim Erstellen einer Erfindungsmeldung und beim Einreichen der Patentanmeldung. Patentiert werden können Stoffe und neue Stoffzusammensetzungen, Verwendungen, biochemische Prozesse oder Methoden, Produktionsprozesse, diagnostische Prozesse oder Software mit technischem Charakter. Nicht patentiert werden können wissenschaftliche Theorien, Entdeckungen, Algorithmen, Software ohne technischen Charakter, aber auch klinische Behandlungen – im Unterschied zu den USA. Das Patent kann der Ausgangspunkt für Unternehmensgründungen, Lizenzen oder Kooperationen sein. Ein Verkauf führt zum vollständigen Transfer der Rechte.
Erfolgreiche Unternehmensgründer präsentierten Fallbeispiele "von der Idee zum Medizinprodukt" aus dem Medical Park in Hannover:
Prof. Dr. Moritz N. Wente, Chief Medical Officer von Aesculap in Tuttlingen, veranschaulichte am Beispiel des medikamentfreisetzenden Ballonkatheters (DEB), dass der Weg von der Idee zum Patienten aufwändig und langwierig sein kann. Im konkreten Fall waren es neun Jahre. Ausgangspunkt war die universitäre Forschung. Nach Entwicklung der Technologie waren die nächsten Schritte der tierexperimentelle Wirkungsnachweis, die klinische Prüfung, das CE-Zulassungsverfahren für ein Kombinationsprodukt sowie letztlich die CE-Zulassung für das Produkt. Ein zunehmendes Problem sei der Nachwuchsmangel, nicht nur bei den Medizinern, sondern auch im Ingenieursbereich. Wente stellte daher verschiedene Modelle für die Nachwuchsförderung vor. So kooperiere Aesculap mit dem Hochschulcampus Tuttlingen, um die jungen Menschen zur Ausbildung in die Region zu holen. Das Programm "Industry on Campus Professor" helfe beim Schulterschluss zwischen Universität und Unternehmen. Im Rotationsverfahren arbeite man hier halb im Unternehmen und halb in einem Forschungsprojekt.
Eine zweite Industriesicht präsentierte Dr. Jürgen O. Böhm, Vorstand und Medizinischer Direktor von Xenios in Heilbronn. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die extrakorporale Zirkulation. Die Tochter medos entwickelt Lösungen für die Herzchirurgie und Kardiotechnik mit einem modularen Herz-Lungen-Maschinensystem. Die Tochter Novalung entwickelt Produkte zur interventionellen Lungenunterstützung. Unabdingbar sei am Beginn eines Translationsprozesses die präzise Zielsetzung und Planung des Prozesses. Eine kritische Phase sei insbesondere für die mittelständischen Unternehmen die Zulassungsphase, die zahlreiche Unwägbarkeiten mit sich bringt. Zudem würden die Anforderungen an den Nutzennachweis und damit an die Studienplanung steigen.
Peter Hartung vom Engineering-Dienstleister Seleon verdeutlichte, dass der Zulassungsprozess bei Medizinprodukten sehr komplex sei. Dazu gehören unter anderem eine frühzeitige Nutzen-, Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung, die Definition der Anforderungen, der Nachweis der Funktion und Sicherheit und der Nachweis der klinischen Wirksamkeit. Bei komplexen Produkten sind die Anforderungen aus anwendbaren Normen sehr umfangreich. Die Anforderungen an die klinische Bewertung und Prüfung von Medizinprodukten sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Hartung empfahl, schon zu Beginn der Produktentwicklung eine klinische Bewertung vorzunehmen. Durch die derzeit diskutierte europäische Medizinprodukte-Verordnung kämen auf die Hersteller mehr Bürokratie und höhere Kosten zu, ohne mehr Patientensicherheit zu schaffen.
Nicht jede Invention sei auch eine Innovation, die den Menschen helfe, argumentierte Dr. Jan Helfrich, Vorstandsreferent bei der Krankenkasse DAK-Gesundheit in Hamburg. Deshalb müssten die Anforderungen an die Nutzenbewertung von Medizinprodukten erhöht werden. Wünschenswert sei der Vergleich mit der Standardtherapie. Die klinische Studie müsse ergänzt werden um Versorgungsforschung unter Alltagsbedingungen. "Wir brauchen eine echte Nutzenbewertung aus der Patientensicht in der Versorgungswirklichkeit und eine Preisbildung anhand des Zusatznutzens", so Dr. Helfrich. Er plädierte zudem für eine schnelle Erprobung von Innovationen unter Studienbedingungen in Zentren. So könnte einer ungebremsten Leistungsausweitung bei zweifelhafter Qualität entgegengewirkt werden.
Moderiert wurde die BVMed-Konferenz von der medizinischen Fachjournalistin Renate Harrington aus Hamburg
(Quelle: BVmed)
Mehr Bilder zu der Veranstaltung finden sie unter folgendem link
http://www.bvmed.de/de/bvmed/mediathek/bilder-veranstaltungen/translation-wissenschaft-und-oekonomie
Wissenschaftsministerin: Neues Forschungszentrum für 61 Millionen Euro ist weiterer Meilenstein / Biomedizintechnik und Implantate stehen im Mittelpunkt
Die Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajić, hat beim Richtfest des Niedersächsischen Zentrums für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung (NIFE) die internationale Bedeutung der Landeshauptstadt Hannover als einen der führenden Standorte biomedizinischer Forschung und Entwicklung hervorgehoben. "Die Biomedizintechnik und Implantatforschung ist seit mehr als zehn Jahren ein Schwerpunkt der hannoverschen Universitäten und des Laserzentrums Hannover. Das ehrgeizige Programm des Niedersächsischen Zentrums für Biomedizintechnik macht Hannover zu einem internationalen Schwergewicht auf dem zukunftsträchtigen Forschungsfeld der Implantatforschung", sagte die Ministerin am Donnerstag beim Richtfest.
Rund 61 Millionen Euro kosten Bau und Erstausstattung des neuen Forschungszentrums, davon tragen 53,8 Millionen Euro je zur Hälfte das Land Niedersachen und der Bund, weitere 6,5 Millionen Euro finanziert die Braukmann-Wittenberg-Stiftung. Der Neubau entsteht im Medical Park am Stadtfelddamm unweit der MHH. Auf einer Laborfläche von 7.000 Quadratmetern werden Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Leibniz Universität Hannover, der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und des Laser Zentrum Hannover innovative Implantate und Strategien im Kampf gegen Implantat-assoziierte Infektionen entwickeln. "Das NIFE ist ein erstklassiger Kristallisationspunkt interdisziplinärer Wissenschaft und bietet hervorragende Chancen für hochschulübergreifende Kooperationen in einem bedeutenden Forschungsfeld. Wir freuen uns riesig, bald in diesem neuen Ambiente arbeiten zu können", sagte Professor Dr. Christopher Baum, MHH-Präsident und Vorstand für Forschung und Lehre.
NIFE ist das erste gemeinsame biomedizintechnische Großprojekt der drei hannoverschen Hochschulen, das im neuen Gebäude Forschern und Entwicklern aus allen wissenschaftlichen Bereichen eine bestens ausgestattete Laborlandschaft bieten wird. In Sonderforschungsbereichen, den beiden Exzellenzclustern REBIRTH und Heraring4all sowie auch neuen Forschungsvorhaben, wie dem von der Volkswagen-Stiftung geförderten Projekt Biofabrication for NIFE, wird die hervorragend funktionierende Kooperation bei der Implantat-Forschung über Fach- und Hochschulgrenzen hinweg bereits heute belegt.
"Hannover und Niedersachsen können stolz darauf sein, ein derartiges Leuchtturmprojekt der Implantatforschung als wichtigen Wissenschafts- und in der Folge auch Wirtschaftsfaktor hier im Medical Park an den Start bringen zu können", betonte der NIFE-Vorstandssprecher Dr. Manfred Elff.
Die Verbundpartner bündeln in dem Neubau ihre Forschungskompetenzen. Die MHH bringt ihre Expertise der Forschungsschwerpunkte in den Bereichen Biomedizintechnik, Regenerative Medizin und Immunologie/Infektiologie ein, die Leibniz Universität Hannover steuert ihr Fachwissen in den Bereichen Ingenieur- und Materialwissenschaften bei, hinzu kommen die biologischen Prüfmodelle der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und die Expertise des Laser Zentrum Hannover. Derzeit sind die Forscher noch auf 18 Institute an acht Standorten über die Region Hannover verteilt, von 2015 an sollen die 300 Wissenschaftler - darunter 80 Ingenieure und Physiker - dann am Stadtfelddamm unter einem Dach arbeiten.
Ministerpräsident: Neues Forschungszentrum für 60 Millionen Euro ist weiterer Meilenstein / Biomedizintechnik und Implantate stehen im Mittelpunkt
Der Niedersächsische Ministerpräsident David McAllister hat am Donnerstag (20. Dezember) beim ersten Spatenstich für das neue Niedersächsische Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung (NIFE) die Kooperation von Medizinern und Ingenieuren zum Wohle der Patienten gelobt. „Mit insgesamt 15 erfolgreichen Forschungsbauten seit 2007 belegt Niedersachsen hinter Baden-Württemberg und vor Bayern bundesweit einen Spitzenplatz“, sagte er weiter. „Auch der Neubau des Niedersächsischen Zentrums für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung – NIFE – wird vom Wissenschaftsrat als Forschungsbau anerkannt und gefördert. Das zeigt: Niedersachsen ist erfolgreich in der Hochleistungsforschung. Es ist auch ein Beleg für die gute Zusammenarbeit unseres Wissenschaftsministeriums mit den Hochschulen. Der Neubau des NIFE ist dabei ein weiterer Meilenstein.“
Die Kosten für den Neubau betragen 60 Millionen Euro. Das Land Niedersachsen und der Bund investieren jeweils 27 Millionen Euro. Der Ministerpräsident dankte der Brauckmann-Wittenberg-Herz-Stiftung, die das Projekt mit weiteren sechs Millionen Euro unterstützt. Auf einer Laborfläche von 7.000 Quadratmetern werden Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Leibniz Universität Hannover, der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und des Laser Zentrum Hannover innovative Implantate und Strategien im Kampf gegen Implantat-assoziierte Infektionen entwickeln.
NIFE ist das erste gemeinsame biomedizintechnische Großprojekt der drei hannoverschen Hochschulen. „Es ist das Sahnehäubchen auf einer Entwicklung, die schon vor mehr als zehn Jahren begonnen hat“, sagte MHH-Präsident Professor Dr. Dieter Bitter-Suermann. Zwei Sonderforschungsbereiche, in deren Fokus die Entwicklung von biokompatiblen Implantaten stehe, und die Exzellenzcluster „REBIRTH“ zu Regenerativer Medizin und „Hearing4all“ zur Hörforschung belegten die hervorragende Grundlagenforschungs-Expertise und Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. NIFE-Vorstandssprecher Dr. Manfred Elff betonte, dass die einzigartige Konstellation eines international anerkannten Exzellenzprofils im Bereich der translationalen Implantatforschung mit dem Neubau nun auch eine eigene Adresse bekommen werde. „Dadurch wird – wahrscheinlich weltweit erstmals – hier in Hannover die Voraussetzung für die Entwicklung innovativer Implantate über viele Organsysteme mit deutlich verbesserter Funktionalität und Langzeitverträglichkeit geschaffen“, sagte Dr. Elff.
Die Verbundpartner bündeln in dem Neubau mit einer Gesamtfläche von 13.200 Quadratmetern ihre Forschungskompetenzen. Die MHH bringt ihre Expertise der Forschungsschwerpunkte in den Bereichen Biomedizintechnik, Regenerative Medizin und Immunologie/Infektiologie ein, die Leibniz Universität Hannover steuert ihr Fachwissen in den Bereichen Ingenieur- und Materialwissenschaften bei, hinzu kommen die biologischen Prüfmodelle der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und die Expertise des Laser Zentrum Hannover. Derzeit sind die Forscher noch auf 18 Institute an acht Standorten über die Region Hannover verteilt, von 2015 an sollen die 300 Wissenschaftler – darunter 80 Ingenieure und Physiker – dann am Stadtfelddamm unter einem Dach arbeiten. „Das ist einmalig in Deutschland, sonst hätte der Wissenschaftsrat das Projekt nicht gefördert“, betonte Professor Dr. Bitter-Suermann. „Das wird der anwendungsnahen Implantatforschung einen neuen Schub geben.“
V. i. S. d. P.: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der MHH
Die Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT) im VDE hat im Zuge ihrer konstituierenden Vorstandssitzung am 5.3.2013 in Frankfurt am Main ihren neuen Vorsitzenden für die Amtsperiode 2013 bis 2015 gewählt. Neuer Vorsitzender der DGBMT ist Herr Prof. Prof. h.c. Dr. med. Thomas Lenarz. Als stellvertretende Vorsitzende wurden Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Thomas Schmitz-Rode und Dr. Olaf Such ins Amt berufen.
Die DGBMT fördert die Zusammenarbeit von Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und Ärzten in Forschung, Entwicklung, Anwendung und Lehre. Dabei sollen der Wissensaustausch in den unterschiedlichen Fachdisziplinen der biomedizinischen Technik unterstützt, Synergien für künftige Entwicklungen stärker genutzt und der Transfer neuer Technologien in die medizinische Anwendung beschleunigt werden. Diese sowohl für die Verbesserung der Patientenversorgung als auch für den Innovationsstandort Deutschland wichtige Arbeit wird durch die Expertenbeiträge und das Engagement der DGBMT-Mitglieder in den einzelnen Fachausschüssen, Arbeitsgruppen, Projekten und Initiativen der Fachgesellschaft ermöglicht und kontinuierlich weiterentwickelt.
Der Vorstand der DGBMT ist interdisziplinär zusammengesetzt und repräsentiert sowohl die naturwissenschaftlich-technischen als auch die biologisch-medizinischen Fachdisziplinen. Vertreter aus Forschung, klinischer Anwendung und Industrie sind im DGBMT-Vorstand gleichermaßen vertreten. Der DGBMT-Vorstand für die Jahre 2013 bis 2015 setzt sich aus neun Experten zusammen:
Weitere Informationen zum Vorstand der DGBMT unter: www.dgbmt.de/vorstand
Die DGBMT ist Teil des VDE-Netzwerks. Mit rund 36.000 Mitgliedern zählt der VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. zu den großen technisch-wissenschaftlichen Verbänden Europas.
(Quelle:DGBMT)
Tief beeindruckt von ihrem Besuch in der MHH im November 2012 spiegelt die Kanzlerin ihre Eindrücke mit folgenden Sätzen in ihrer Neujahrsansprache zum Jahreswechsel am 31.12.2012 wieder:
»… Dazu möchte ich Ihnen von zwei kleinen medizinischen Wundern erzählen: Ich habe vor kurzem einen 10-jährigen Jungen kennengelernt, der fast taub zur Welt kam. Dann erhielt er ein hochmodernes Implantat. Heute kann er Musik hören und ohne Probleme die Schule besuchen.
Ich bin auch einer jungen Frau begegnet, die seit drei Jahren mit einer mitwachsenden Herzklappenprothese lebt. Damit kann sie Sport machen und ein normales Leben führen.
Das sind kleine medizinische Wunder. Sie sind der Erfolg unserer Forscher. Für den Jungen und die Frau bedeutet Forschung sein Hören und ihren Herzschlag. Es bedeutet Alltag und Lebensqualität.
Für unser Land bedeutet Forschung Arbeitsplätze. Wenn wir etwas können, was andere nicht können, dann erhalten und schaffen wir Wohlstand…«
Die Bundeskanzlerin hat am 27.11.2012 die MHH besucht. Der Niedersächsische Ministerpräsident David McAllister hatte Dr. Angela Merkel in die Hochschule eingeladen, um ihr die Spitzenforschung und -versorgung zu zeigen. MHH-Präsident Professor Dr. Dieter Bitter-Suermann führte die Gäste zu den beiden Exzellenzclustern.
Professor Dr. Thomas Lenarz präsentierte mit seinem Team die Hörforschung und Versorgung an der MHH. Professor Dr. Axel Haverich zeigte mit seinem Team die neuesten Erkenntnisse der Regenerativen Medizin. Im Anschluss diskutierten die Bundeskanzlerin, der Niedersächsische Ministerpräsident sowie die Ministerinnen Professorin Dr. Johanna Wanka und Aygül Özkan mit Wissenschaftlern und Nachwuchswissenschaftlern. "Ich bin sehr beeindrucktvon diesem Juwel hier in Hannover", sagte die Bundeskanzlerin.
Das Niedersächsische Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung heißt jetzt NIFE.
Das Niedersächsische Zentrum für Biomedizintechnik nimmt erneut seine Vorreiterrolle wahr: Im März ist in der MHH die Internationale Interdisziplinäre Allianz gegen Implantat-assoziierte Infektionen (I4A) gegründet worden - ein europäischer Verbund, der eng mit der nordamerikanischen "Multidisciplinary Alliance against Implant-Related Infections" kooperiert.
"Mit unserem Zusammenschluss wollen wir die Forschung zu Diagnostik und Therapie dieser Infektionen zielgerichtet vorantreiben, Behandlungsansätze interdisziplinär definieren und geeignete Strategien mit Vertretern der Industrie und des Gesundheitssystems diskutieren", betont Professorin Dr. Meike Stiesch, Wissenschaftliche Leiterin der I4A-Allianz und Direktorin der MHH-Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Biomedizinische Werkstoffkunde.