Biomaterialtestung

Zur Entwicklung neuer Medizinprodukte und Biomaterialien gehört immer auch eine ausführliche und sichere Testung derselbigen. Biomaterialien können aus unterschiedlichsten Trägermaterialien bestehen und auch zelluläre Bestandteile (Tissue Engineering) enthalten. Dabei sollen unerwünschte Reaktionen wie beispielsweise ein materialbedingtes Implantatversagen ausgeschlossen werden. Die Biomaterialien müssen deshalb sowohl hinsichtlich ihrer Funktionalität (z. B. mechanische Belastbarkeit, Abriebfestigkeit) als auch ihrer Biointeraktion (z. B. Biokompatibilität) überprüft werden. Bereits etablierte Verfahren können hierbei nur eingeschränkt auf die neuartigen Produkte angewandt werden. Hierdurch stellt sich die Herausforderung geeignete Testverfahren parallel zu den Produkten zu entwickeln und anzuwenden.

Um eine optimale Testung zu gewährleisten müssen verschiedene Aspekte bedacht und auf das zu testende Produkt individuell angepasst werden. Hierzu gehören bei Implantaten beispielsweise ein möglichst lückenloses Monitoring, die Untersuchung von Interaktionen mit Gewebe, Zellen, oder dem Immunsystem, sowie Infektionsbeurteilung und Biofilmbildungen. Die Testverfahren müssen darüber hinaus an die Entwicklungsphasen der Produkte angepasst werden. So werden in vitro andere Verfahren benötigt als in der in vivo Testung. Zum Beispiel sind Unterschiede in der Zugänglichkeit für Bildgebungs-, Manipulations- und Messmethoden entscheidend.

Eine ausgezeichnete Möglichkeit zur Charakterisierung und Bewertung in Testverfahren bilden optische Bildgebungsmethoden. Ob in vitro in Zellkulturen oder in vivo kann eine optische Darstellung zur Überprüfung der Funktionalität von beispielsweise neuen Implantaten eingesetzt werden. Auch kann die Vitalität beurteilt und gegebenenfalls eine Infektion erkannt werden. Hierbei ist es essentiell bestehende Bildgebungstechniken individuell anzupassen, weiterzuentwickeln, oder neue Methoden zu ergründen, um eine optimale Darstellung zu erhalten. Dies kann unter anderem eine nicht-invasive Erfassung und Nachverfolgung der Lebend-Reaktion von Zellen und Gewebe ermöglichen. Somit können endpunktbasierte Darstellungsformen ersetzt werden.

Im NIFE stehen hierfür verschiedene Bildgebungstechniken zur Verfügung. Diese werden kontinuierlich angepasst, verbessert, erweitert und ergänzt. Neben klassischen Mikroskopie-Verfahren werden verschiedene laserbasierte Bildgebungsmöglichkeiten angewandt und etabliert. In Kombination mit Scansystemen kann hierdurch eine hochauflösende Bildgebung eröffnet werden. Dies beinhaltet unter anderem Konfokal- und Multiphotonen-Mikroskopie. Durch die Verwendung von Fluoreszenz-basierter Darstellung können Zelltypen bis hin zu Zellbestandteile individuell dargestellt werden.

Es werden verschiedenste Bildgebungsaufbauten entwickelt. Durch spezifische Anpassungen können dabei immer neue Anwendungsbereiche erschlossen werden. Neben der Visualisierung von Zellen und Geweben wird dabei auch eine Manipulation selbiger ermöglicht. So können durch lichtgesteuerte Manipulationen und Messungen Zellen charakterisiert werden (Biophotonik, Heisterkamp/Torres, LUH-Quantenoptik). Die Interaktionen können bis auf Nanometerebene untersucht werden. Neben einzelnen Zellen können so auch Zellverbände wie Organoide und Gewebe hochauflösend bildgegeben und mittels laserbasierter Nanochirurgie untersucht werden. (Biophotonik, Heisterkamp/Kalies, LUH-Quantenoptik). Solche hochauflösenden Systeme werden aktuell vornehmlich in der Grundlagenforschung angewandt. Neue Bildgebungssysteme zu entwickeln und in die Klinik zu überführen ist deshalb wesentlich (Biophotonik LZH, Ripken, Laser Zentrum Hannover).

Links: Durch Multi-Photonen-Mikroskopie können Laserstrahlen optimal fokussiert werden. Hierdurch kann eine Probe detailliert untersucht werden. Rechts: Organoide (Miniorgane) ermöglichen verschiedenste neue Testmethoden, sowie große Schritte in der Grundlagenforschung.

Darüber hinaus können durch laserbasierte Nanotechnologien beispielsweise natürliche Gewebe nachgebildet werden, sodass diese als Testsysteme Verwendung finden können (Laserbasierte Nanotechnologie, Chichkov, LUH-Quantenoptik). Neben der Entwicklung und Validierung von neuen Testverfahren ist auch die zuverlässige Verfügbarkeit von relevanten Proben (Zellen und Geweben) entscheidend (Scaffold Engineering & Cryotechnology, Glasmacher, LUH-Mehrphasenprozesse).

Die Entwicklung und Anwendung neuer Testverfahren lebt dabei vom gruppenübergreifenden Austausch. Dieser zeigt sich durch eine starke Vernetzung innerhalb der genannten Gruppen aber auch darüber hinaus im gesamten NIFE. Nur durch diese gute Zusammenarbeit können die etablierten Techniken optimal ausgeschöpft werden. Dadurch gehen die Entwicklung und die Nutzung/Anwendung Hand in Hand.

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